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Kahlenstein

Die Kahlensteinhöhle bei Bad Überkingen
(Kataster Nr. 7324/01)
 

1. Geschichte

Der Kahlenstein befindet sich 1 km östlich von Bad Überkingen und besteht aus zwei dem Albtrauf vorgelagerte Felsen. Dicht unter der Trauflinie öffnet sich der Eingang zur Kahlensteinhöhle auf einer Höhe von 660 Meter NN. Erstmals erwähnt wurde die Höhle im Jahr 1791 in einem Bericht des Albwanderers Michael Dietrich. 1824 schrieb Gustav Schübler ebenfalls über die Höhlen der württembergischen Alb. Seine Höhlenbeschreibung über das "Calmloch am Tuerkeimer Berg bey Ueberkingen" ist nahezu identisch mit der von Michael Dietrich. 1842 taucht in einer Oberamtsbeschreibung von Geislingen die Kahlensteinhöhle in einem Abschnitt auf, der den früheren Berichten gleichzusetzen ist, lediglich dass die Höhle wieder Kahlenhöhle benannt wurde. 1890 erschien in den Blättern des Schwäbischen Albvereins erstmals die Anregung, die Kahlensteinhöhle zur Schauhöhle auszubauen. In diesem Bericht wurde unter anderem von einem Gang berichtet, welcher von der Kahlensteinhöhle zum Silberstollen am Geiselstein führen soll. Diese Sage hat sich bis in die heutige Zeit erhalten, konnte jedoch trotz intensiver Forschungsarbeit nicht belegt werden.
Am 5. April 1892 wurde in der Hauptversammlung des Geislinger Verschönerungsverein eine Höhlenkommission (Oberamtmann Hänle, Zeichenlehrer Ziegler und Oberreallehrer Fetscher) benannt. Diese führte am 26. April 1892 eine Untersuchung der Kahlenhöhle durch. Sie kamen zu dem Entschluss, mit der Erschließung der Höhle sofort zu beginnen. Am 28. April 1892 begannen die Arbeiten und es wurden ca. 30 m3 Kalkgestein gesprengt, so dass ein Gang von ca. 60 Metern entstand. Nach Beendigung der Arbeiten wurde die Kahlenhöhle am 12. Juni 1892 als Schauhöhle eröffnet. Die Betreuung der Höhle durch den Verschönerungsverein wurde bis zur Jahrhundertwende aufrechterhalten. In dieser Zeit ließ das Interesse an der Höhle von Jahr zu Jahr nach. Ab 1900 gab es keine Aufzeichnungen mehr über die Aktivitäten des Verschönerungsvereins am Kahlenstein.
Erst im Jahre 1971 wurde das Interesse an der Kahlenhöhle durch die "Arbeitsgemeinschaft der Höhlenfreunde Kahlenstein e.V. Geislingen" neu erweckt. Während der neunjährigen Tätigkeit dieser Gruppe wurde zum Schutz der Höhle der Eingang mit einem Eisentor verschlossen. Ab 1980 übernahm der "Kahlensteiner Höhlenverein e.V. Bad Überkingen" als Nachfolgeverein die weitere Erforschung und Betreuung der Höhle.
In den folgenden Forschungsjahren entdeckte man neue Gangteile, welche zum Teil durch Versturz und abgelagerte Lehmsedimente verfüllt waren. Durch mühevolle Ausräumungsarbeiten hat die Höhle derzeit eine Gesamtlänge von ca. 150 Metern. Die komplette Neuvermessung und die Zeichnung eines Höhlenplans erfolgte in den Jahren 1986 und 1987.
 

2. Höhlenbeschreibung

Vom Höhleneingang verläuft der Gang mit einer durchschnittlichen Breite von 2 m und einer Höhe von bis zu 2,5 m ca. 15 m in nordöstlicher Richtung. Hier weitet sich der Höhlengang zur leicht abfallenden Großen Halle. Mit einer Länge von 14 m und einer Breite von 7 m ist es der größste Raum in der Höhle. Durch Deckenverbruch ist in diesem Höhlenteil eine tieferliegende Höhlenetage entstanden, welche in den 70er Jahren bei Ausräumarbeiten von der Arge Höh-lenfreunde Kahlenstein entdeckt wurde. Linksseitig befindet sich der 4 m tiefe Trepplesschacht, an dessen Boden sich ein horizontaler und sehr enger Gang Richtung NO zieht. Auf der rechten Seite der Großen Halle wurde nach Entfernen einer großen Steinplatte ebenfalls ein Zustieg zur unteren Höhlenetage freigelegt und der sogenannte "Sauerländer Gang" entdeckt. Unter schwierigen Arbeitsbedingungen wurde der Gang im Laufe der Jahre ausgeräumt und tiefergelegt.Unter einer dicken und zähen Lehmschicht stieß man auf eine mächtige, mit Gesteinsschutt, Humus und Lehm durchsetzten Sedimentenschicht,aus der viele verschiedene Funde zu Tage gefördert wurden.(siehe Kapitel Funde).Der Sauerländer Gang liegt auf dem gleichen Niveau wie der Trepplesschacht, jedoch sind beide Teile durch Versturz von einander getrennt. Durch die mächtigen Sedimenteneinlagerungen ist der Sauerländer Gang teiweise nur schlufend ze befahren und hat eine Ganglänge von 25 m.
Von der Großen Halle aus teilt sich der Höhlengang in einen linken und in einen künstlich erweiterten geradeaus führenden Höhlengang. Beide Gänge führen nach wenigen Metern wieder zusammen, jedoch ist durch den 4 m tiefen" Zehnerspalt " der linke Gangteil nicht mehr passierbar. Auf den Bereich Zehnerspalt und einem mit Lehm erfüllten Druckstollen (Hoffnungsgang) welcher ebenfalls in diesem Höhlenbereich vom Hautgang in Richtung SO abzweigt konzentrierte sich unsere Forschung in den letzten Jahren. Bisher Leider jedoch ohne Erfolg. Weder im Schachtgrund des Zehnerspaltes noch am derzeitigen Endversturz im Hoffnungsgang ist es uns bisher gelungen, auf weitere Fortsetzungen zu stoßen.
Durch das Ausräumen des Zehnerspaltes gelang es uns jedoch in 3 m Tiefe eine Verbindung zum nachfolgenden "Milchladen" herzustellen. Nach weiteren 5 m gelangt man beim Ausstieg aus dem Milchladen wieder auf den Hauptgang in der sogenannten Hohen Halle.
Auf der östlichen Seite der Hohen Halle liegt in einer Vertiefung, verborgen hinter einer Wandversinterung ein kleiner Höhlensee mit einer Grundfläche von ca. 4 qm Tropfwasser aus den Klüften der Hohen Halle sammelt sich in diesem Bereich und lässt den Wasserstand des Sees von wenigen Zentimetern in sehr trockenen Zeiten bis zu über 1 m bei längeren Regenperioden oder bei Schneeschmelze im Frühjahr ansteigen.
Folgen wir dem Hauptgang weiter, gelangen wir nach weiteren 5 m an die sogenannte Lehmwand, eine Raumerweiterung welche bis zur Decke mit Lehm angefüllt war. Durch ausräumen mehrerer m3 Lehm, stieß man am hinteren Teil der Kammer auf große Wandkarren, welche einst von fließenden Wasser geformt wurden.
Verlief die Hauptgangrichtung der Kahlensteinhöhle bisher entlang einer tektonischen Spalte geradeaus in NO Richtung, knickt nun der Gangverlauf im Bereich Lehmwand scharf nach Westen ab. Hier im hinteren Bereich der Höhle befinden sich rechts und links des Weges dicke Lehmbänke, welche meist mit Sinter überzogen sind. Wasserstandsmarken an den Höhlenwänden und Druckwasserprofile an der Decke zeugen von einstiger Wassertätigkeit.
Am Ende der Höhle verengt sich der Hauptgang zu einem mit Lehm erfüllten Schluf welcher sich ca. noch 8m bis zu einer kleinen Raumerweiterung befahren läßt. Geradeaus endet die Höhle mit einer Lehmbank auf der sich Sinter abgelagert hat. Nach rechts wurde noch eine kleine versinterte Querkluft freigelegt, welche jedoch unbefahrbar ist.
 

3. Funde

Mittelalterlich - wohl aus dem 12. Jahrhundert - wurde ein Topf gefunden. Außerdem liegt neuzeitlich grünglasierte Bauernkeramik vor. Waren die drei bisherigen Funde in ihrer Verbreitung nur bis auf den Eingangsbereich beschränkt, so wurden die mittelalterlichen Funde auch im hinteren Teil der Höhle gemacht. Durch das vorliegende Fundmaterial lassen sich also vier Zeitabschnitte aussondern, in denen die Höhle begangen wurde.
- Jungsteinzeit - Michelsberger Kultur / Schussenrieder Kultur ( ca. 3000 v. Chr.)
- Späthallstatt/Frühlatene (ca. 500 - 400 v. Chr.)
- Römerzeit (2. Jahrhundert n. Chr.)
- Hochmittelalter (ca. 12. Jahrhundert n. Chr.)
In den Bodensedimenten der großen Halle, des Trepplesschacht und des Sauerländer Ganges wurden verschiedenste Knochen von Breitflügelfledermaus, Braunbär, Dachs, Iltis, Wolf, Rotfuchs, Hauskatze, Luchs, Rothirsch, Reh, Feldhase, Siebenschläfer und Hausrind gefunden. Die genaue Bestimmung der einzelnen Stücke wurde durch Thomas Rathgeber vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart durchgeführt. In Lehmproben des Sauerländer Gangs fand man Tausende von Knochen und Zähnen zahlreicher kleiner Wirbeltiere (Kröte, Blindschleiche, Vögel und zahlreiche Nagetiere). Durch diese Funde vermittelt die Kahlensteinhöhle wesentliche Informationen über die Tierwelt auf der Schwäbischen Alb vom Eiszeitalter bis heute.
 

4. Höhlenfauna

Im Eingangsbereich der Höhle trifft man auf die Höhlenkreuzspinnen (Meta Menardi), die an den Wänden und an der Decke ihre Netze gespannt haben. Im Herbst fällt uns oft ihr schneeweißer Kokon auf, der mit Fäden zur Wand hin verspannt ist und den Nachwuchs beinhaltet. Neben Weberknechten (Opilio pearietinus) und verschiedenen Mückenarten trifft man auch auf verschiedene Nachtfalter wie die Zimteule (Scoliobterix Libatrix) und den gelben Wegdornspanner (Tiphosa Dubitata).
 

5. Höhlen- und Fledermausschutz

Um die Höhle vor weiterer Zerstörung zu schützen, wurde im Jahre 1972 der Höhleneingang mit einem Gittertor verschlossen. Dieser - seit nun mehr 25 Jahren bestehende Ganzjahresverschluss der Kahlensteinhöhle - hatte zur Folge, dass sich an einigen Stellen in der Höhle wieder neuer Sinter bilden konnte. Auch der von Lagerfeuern und Fackeln stammende Ruß an Decke und Wänden, wurde im Laufe der Zeit vom Tropfwasser wieder etwas abgewaschen.
Nicht nur zum Schutz der Höhle selbst, sondern auch verschiedene Fledermausarten wurden durch diese Maßnahme in der Kahlensteinhöhle wieder heimisch. Vor allem während der Wintermonate wird die Höhle regelmäßig vom Großen Mausohr (Myotis myotis), der Wasserfledermaus (Myotis daubentoni), der Langohrfledermaus (Plecotus auritus), der Bartfledermaus (Myotis brandti) und der Fransenfledermaus (Myotis nattereri) als Schlafplatz aufgesucht.
 
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